Revolution im Bücherregal

von Bernd Mai

Ein Wohnzimmer ohne Bücherregale ist mir ein Gräuel.

Schon als Junge besaß ich ein Bücherregal, daß mein Vater in eine Nische meines Zimmers eingebaut hatte. Es reichte fast von der Decke bis zur Platte eines alten Schreibtisches, der davor stand, herab. Dieses Regal nahm meine Bücher auf. Meist bekam ich sie geschenkt, von Familienangehörigen, Freunden oder Verwandten. Mein schmales und unregelmäßiges Taschengeld gab ich nicht für Bücher aus, das silbrig glänzende Markstück aus Aluminium verlockte eher zu schnellen Genüssen. Manchmal bekam ich Bücher als Prämie, für gutes Lernen zum Beispiel, oder für den Sieg im Wettbewerb „Beste Gruppe“ im Kinderferienlager oder wegen meines Engagements als „Helferkind“ in der Kinderbücherei des Stadtbezirkes.

Das Zimmer teilte ich mir mit meinem älteren Bruder, und als er auszog, um in die Welt – Rüthnick in der brandenburgischen Provinz, damals 500 Einwohner, Kreis Neuruppin – zu gehen, ich war zwölf Jahre alt, hatte ich das Regal für mich allein. Mein jüngerer Bruder, der aus dem Elternschlafzimmer in das Kinderzimmer umzog, machte sich nichts aus Literatur. Von diesem Zeitpunkt an durfte ich zu jedem Geburtstag mit einem dicken Bücherpaket rechnen, und mein Buchbestand stieg sprunghaft an. Diese Phase der Glückseligkeit endete erst, als mein Bruder Soldat werden mußte. Als ich selbst mein Elternhaus verließ, um an der Küste einen Beruf zu erlernen, befand sich jedenfalls eine stattliche Anzahl von Büchern in meinem Regal, und die Auffassung, daß ein gut gefülltes Bücherregal die Zierde eines jeden Wohnraumes sei, hatte sich schon zu jenem frühen Zeitpunkt in meinem Bewußtsein verfestigt. Wie viele und welche Bücher ich besaß, weiß ich heute nicht mehr. An ein paar Titel kann ich mich erinnern, vor allem, weil zwei oder drei von ihnen auf wundersame Weise die Katastrophen meines Lebens überstanden haben und noch heute in meinen Regalen stehen. Aber es müssen so viele gewesen sein, daß ein leiser Hauch von Ordnungssinn – befördert durch meine ehrenamtliche Tätigkeit in der Kinderbücherei – aufkommen konnte: Ich nummerierte meine Bücher und versah sie mit einem Exlibris. Das war ein einfacher Stempel mit meinem Namen und meiner Anschrift, den ich aus einem Stempelspiel, das ich von einer Braunschweigischen Tante geschenkt bekommen hatte, herstellte. Als ich Jahre später in mein Elternhaus zurückkehrte, um in meiner Heimatstadt zu arbeiten, waren sie alle noch da, und sie bildeten – abgesehen von ein paar gar zu kindlichen und ideologisch betonten – den Grundstock zu meiner späteren Bibliothek.

Ich war jung und ungebunden, arbeitete, verdiente Geld und lebte sorgenfrei bei meinen Eltern, das war zu jener Zeit das Normale. Nach der Arbeit war es eine meiner Lieblingsbeschäftigungen durch die Innenstadt mit ihren Läden und Kaufhäusern zu streifen und in den Buchhandlungen nach neuem Lesestoff zu suchen. Ich erinnere mich aus der Lamäng an sechs oder sieben Buchhandlungen allein in der Innenstadt, die weiß Gott nicht groß ist, Antiquariate inbegriffen, von den Buchabteilungen in den beiden Kaufhäusern ganz abgesehen. Bücher waren in der DDR subventioniert wie Milch und Brot und daher entsprechend billig. Ein Buch als industrielles Produkt, als Gebrauchsgegenstand, trotzdem auch als grafisches und handwerkliches Kunstobjekt für wenig Geld erwerben zu können, es nach Hause zu tragen und nach der Lektüre in das Regal zu stellen war eine meiner liebsten Beschäftigungen.

Die Auflagen waren hoch, aber bei wichtigen und begehrten Büchern nicht hoch genug, und der jammervolle Zustand der DDR-Presse führte dazu, daß die Literaturproduktion einen Teil der Aufgaben übernehmen mußte, die eigentlich einer funktionierenden Presse zugekommen wären. Wollte man etwas über die wahren Verhältnisse und Triebkräfte in unserer Gesellschaft erfahren, mußte man die Werke bestimmter Autoren lesen. Einer dieser Autoren war Erwin Strittmatter, und er war damals einer meiner Lieblingsschriftsteller. Als das Erscheinen des dritten Bandes seines „Wundertäter“ angekündigt wurde, fragte ich täglich im „Bücherkabinett am Markt“ nach dem Buch. Beim vierten Mal ging die Buchhändlerin schweigend durch einen Vorhang nach hinten. Als sie zurückkam, knallte sie mir einen noch in braunes Packpapier gewickelten Band auf die Theke, drückte auf ihrer Kasse herum und verlangte den Betrag von mir, ohne jeden weiteren Kommentar.

Bibliophile Bände mit Illustrationen bekannter Künstler, zum Beispiel Josef Hegenbarth oder Max Schwimmer, gedruckt auf edlem Dünndruckpapier und gebunden in rotem Samt und mit Goldprägung auf dem Lederrücken wollte ich mir nicht leisten, mir war der Inhalt wichtiger. Ob Leinen, Pappe oder Paperback – das war mir egal, die Geschichte mußte stimmen, die Realität mußte ohne ideologischen oder kitschigen Schmus abgebildet sein. „Nicht die wirkliche Welt, wie sie ist, sondern die Welt, wie sie wirklich ist“.

Ein Buch ist ein Buch ist ein Buch, ein Produkt wie ein Brot oder ein Hammer oder ein Paar Schuhe, gefertigt in einer Fabrik und verkauft von Händlern in einem Laden, ausgelegt im Schaufenster. Die meisten der von mir erstandenen Bücher aber schafften es gar nicht ins Schaufenster, sondern gerade mal unter den Ladentisch, um als „Bückware“ verkauft zu werden. Von der Kasse gelangte das Buch in meine Tasche und von dort in mein Regal, um mich durch seinen Anblick zu erfreuen und mit Genugtuung zu erfüllen, wenn ich in meinem Schreibtischsessel saß mit einem Buch und einer Flasche Bier, und ab und zu die ermüdeten Augen hob, um zur Erholung auf die Rücken meiner Bücher zu schauen. Eine Buchhändlerin zur Freundin zu haben, war einer meiner Träume, die sich nie erfüllten.

Überspringen wir ein paar Jahre und ein paar unerfreuliche Ereignisse. Nur so viel: Ich hatte immer eine kleine Bibliothek in meinem Wohnzimmer, und ich hatte auf meinem Weg zur Arbeit neben meinem Frühstück auch immer ein Buch in der Tasche.

Kurz vor meiner Scheidung begann ich, vielleicht war es ein Erahnen oder ein Erfühlen der kommenden Unbill, die wichtigsten Bücher meiner Sammlung – Strittmatter, Paustowski, Katajew, Hemingway, Th. Mann, H. Mann, Böll, Faulkner, Lem, Simenon, Wolf, eine Anzahl von Kriminalromanen ausländischer Autoren aus dem Verlag „Volk und Welt“ und viele andere – Stück für Stück aus meiner Wohnung zu entfernen und in einem leeren Aktenschrank im Büro meiner Arbeitsstelle zu verwahren. Als ich im Jahre 1989 meine jetzige Wohnung in L.-Paunsdorf bezog, bildeten diese geretteten Bücher den Grundstock zu meiner jetzigen Bibliothek. Ich war sehr erfreut über die Größe unseres künftigen Wohnzimmers, und meine damalige Frau und ich beschlossen, uns ein paar Bücherregale zu leisten. In unserer kleinen alten Wohnung hatte es keinen Platz dafür gegeben, und es war abzusehen, daß mein Buchbestand im Laufe der Zeit wieder steigen würde.

Meine Regale - Ausschnitt

Meine Regale – Ausschnitt

Wir kauften ein paar stabile Regale mit jeweils sechs Borden und stellten sie im Wohnzimmer auf.

Und dann überraschte uns die freie Marktwirtschaft und ein offener, von keiner Zensur als der des Kapitals gehemmter Buchhandel. Ich kann an Hand meiner Unterlagen heute noch belegen, welcher Kaufrausch mich nach der Währungsunion erfaßte. Die ursprünglich ein wenig leer wirkenden Regalwände füllten sich schnell. Ich erinnere mich an eine Mischung aus Wohlbehagen und Sorge um mein Budget. Die Sorge um das Budget behielt die Oberhand. Im Laufe der Zeit jedoch wuchs meine Bibliothek stetig an, so daß ich gezwungen war, ein wenig auszudünnen, aber das ist eine andere Geschichte.

Seit ein paar Jahren geht ein Gespenst um in der Bücherwelt – das Gespenst des „Elektronischen Buches“, kurz „E-Book“ genannt. Ein Buch, das nicht wirklich physisch existiert – aus bedrucktem Papier, gebunden und mit einem Umschlag versehen – sondern nur als fragile, virtuelle Kopie aus Bits und Bytes auf irgendeiner Festplatte irgendeines Servers liegt. Von dort aus kann man es sich herunterladen auf seinen Computer oder direkt auf ein spezielles Lesegerät, den E-Book-Reader. Natürlich gegen Bezahlung.

Nun gut, dachte ich, die Vorteile liegen auf der Hand. Das wird bestimmt ein Erfolg, vor allem, wenn sich dadurch die Buchpreise, die in ungeahnte Höhen geklettert waren, halbieren. Mindestens. Dachte ich. Aber wir haben in Deutschland etwas, das sich „Buchpreisbindung“ nennt.

Die Buchpreisbindung ist eine gesetzliche oder vertragliche Preisbindung für Bücher und ähnliche Produkte. Sie schreibt den Verlagen … vor, für jedes Buch einen unveränderbaren Preis festzusetzen …, der dann für alle Letztverkäufer (etwa Buchhandlungen) verbindlich ist, also weder unter- noch überschritten werden darf. Dieser Eingriff in die freie Marktwirtschaft wird vor allem damit gerechtfertigt, dass dem Buch als Kulturgut eine Sonderstellung zukomme und die Buchpreisbindung ein vielfältiges Buchangebot sowie eine flächendeckende Versorgung durch kleinere Buchhandlungen gewährleiste.“ (Wikipedia)

Die Buchpreisbindung gilt auch für eBooks.

Aktuell orientieren sich die Preise für elektronische Bücher am günstigsten Verkaufspreis. In der Regel sind E-Books dabei circa zehn bis zwanzig Prozent günstiger als die gedruckte Ausgabe. Daraus ergibt sich ein Preisvorteil von zwei bis drei Euro bei gebunden Ausgaben und etwas weniger bei Taschenbüchern.“ (ZEIT ONLINE)

Zwei bis drei Euro Preisvorteil waren mir zu wenig, und für mich war das kein Kaufargument für einen E-Book-Reader, zumal man inzwischen für ein Paperback um die fünfzehn Euro berappen muß. Und was die „kleineren Buchhandlungen“ betrifft: Ich kenne keine in Leipzig! Es gibt keine mehr, die großen Ketten haben sie längst verdrängt, trotz Buchpreisbindung.

Eines Tages jedoch kaufte sich meine Tochter einen E-Book-Reader. Mein Spieltrieb brachte mich dazu, an ihrem Gerät herumzuprobieren, und ich stellte ihr neugierige Fragen. Und ich begann, vorsichtig in Buchhandlungen nachzuforschen: Wohin geht der Trend? Werden E-Books in absehbarer Zeit günstiger? Wie wird sich der E-Book-Sektor weiterentwickeln? Ich bekam nur ausweichende Antworten, niemand wollte sich wirklich festlegen. Und bei allem Interesse für die Technik und bei allem Spieltrieb stand für mich fest, daß das E-Book für mich keine Alternative zum gedruckten Buch sein kann. Aber ich interessierte mich für das Gerät. Es sieht aus wie eine Mischung aus Smartphone und Tablet-Computer, es hat etwa die Größe eines Taschenbuchs (Sechs-Zoll-Format) und eine Dicke von etwa einem Zentimeter. Es ist leichter als die meisten Bücher (ca. 150 Gramm), das Display ist oft beleuchtet, und manche Modelle sind spritzwassergeschützt, man kann sie also auch in der Badewanne benutzen. Die Bedienung erfolgt intuitiv über das Display. Alles fast wie beim Tablet-Computer, nur die Darstellung der Schrift erfolgt nach einem anderen Prinzip, das ein ermüdungsfreies Lesen ermöglicht. Man spricht manchmal von „elektronischer Tinte“. Die Haltbarkeit einer Akkuladung ist bemerkenswert. Alle Modelle verfügen über einen WLAN-Anschluß und einen einfachen WEB-Browser. Die Preise bewegen sich zwischen fünfundsechzig und zweihundertfünfzig Euro. E-Books gibt es in verschiedenen Formaten, und nicht jeder Reader kann jedes Format lesen. Aber was mich besonders faszinierte: der Speicher des Readers kann ganze Bibliotheken aufnehmen!

Meiner Tochter war mein Interesse an ihrem E-Book-Reader nicht entgangen, und sie machte mich immer wieder auf die Vorzüge aufmerksam. Man stelle sich vor, man läse ein großformatiges, dickes Buch – zum Beispiel „Die Füchse im Weinberg“ oder Strittmatters Tagebücher -, abends vor dem Einschlafen im Bett: dieser Vorteil sticht sofort ins Auge. Und wie ein Taschenbuch kann man auch den dicksten Wälzer überall mit hinnehmen. Meine Tochter kauft keine Bücher, sondern leiht sie sich mit dem Gerät bei ihrer Stadtbibliothek aus. Sogar Ausleihen bei fremden Bibliotheken und in Österreich und der Schweiz sind möglich. Allerdings muß man auf ein bereits ausgeliehenes Buch genau so warten wie im echten analogen Bibliothekswesen.

Zu meinem Geburtstag im vergangenen Jahr schenkten mir meine Kinder einen E-Book-Reader. Da stand ich nun, in meinem Wohnzimmer, umgeben von meinen Gästen und meinen Bücherregalen voller gedruckter und gebundener Bücher und bekam den Mund nicht mehr zu. Als kleine Zugabe bekam ich einen USB-Stick, der etwa sechshundert Bücher im EPUB-Format enthielt. Zunächst lud ich den Akku auf. Dann verband ich das WLAN mit meinem Router und aktualisierte das Betriebssystem, natürlich unter Anleitung meiner kundigen Tochter. Eine Ausführliche Bedienungsanleitung ist als E-Book auf dem Gerät verfügbar.

Lesegerät und Zubehör

Das Lesegerät mit Schutzhülle, Interfacekabel und Ladegerät; auf dem Display ist die Bedieneroberfläche zu erkennen. Das Ladegerät wird mit dem USB-Kabel angeschlossen.

Als meine Gäste gegangen waren, blieb ich allein mit mir, meinen Büchern in den Regalen und meinem neuen E-Book-Reader zurück. Im meinem „Bord der ungelesenen Bücher“ standen noch sechs Exemplare. Bevor ich mich zu sehr auf das Lesegerät einließ, wollte ich sie alle noch lesen. Denn von nun an brauche ich euch nicht mehr, meine Regale, ihr habt ausgedient, es wird kein neues Buch in euren Borden abgestellt werden, dachte ich. Denn wenn ich so eine Gerät schon mal habe, will ich es auch nutzen, da bin ich ganz pragmatisch. Und mir dämmerte, daß damit für mich ein Zeitalter zu Ende ging. Die Regale mit ihren farbigen Buchrücken werde ich natürlich an ihren Plätzen belassen, beschloß ich, die Wände würden nackt aussehen, … und „einem alten Maestro kannst du kein neues Lied beibringen.“

Das ist nun über ein halbes Jahr her. Mein E-Book-Reader und ich haben uns angefreundet. Zunächst richtete ich mir ein Konto bei „Adobe“ ein, das braucht man zur Identifizierung, wenn ein Buch über einen DRM-Schutz (Digitaler Rechtemanagement-…) verfügt. Dann tätigte ich zwei Testkäufe für wenig Geld. Einen per Computer und einen direkt mit dem Reader. Den Reader kann man per USB an den Computer anschließen und behandeln wie jedes andere externe Gerät oder Speichermedium. Der Test fiel zu meiner Zufriedenheit aus. Um E-Books eines bestimmten Formates in ein anderes beliebiges Format umwandeln zu können, beschaffte ich mir ein Computerprogramm namens „Calibre“, installierte es und machte mich mit der Bedienung vertraut. Ein paar meiner literarischen Arbeiten habe ich in EPUB-Format umgewandelt und auf meinen Reader kopiert. Das war ein Aha-Erlebnis!

Meine Depression hatte dazu geführt, daß ich nur noch selten las, und daß ich meine schriftstellerische Arbeit sträflich vernachlässigt hatte. Meine Homepage liegt seit Monaten brach. Der E-Book-Reader wirkte wie ein medizinisches Hilfsmittel, am ehesten würde ich ihn mit einem Rollator vergleichen, einem Rollator für die Seele. Mein Spieltrieb wurde geweckt, meine Neugier aktiviert, meine Scheu vor allem, was nicht mit meinem unmittelbaren Alltag zu tun hatte, abgebaut. Jetzt lese ich wieder wenigstens ein Stunde täglich, egal ob analog oder digital. Ich schreibe dieses Essay, vor kurzem noch undenkbar, und die Idee für ein weiteres nimmt Form an in meinem Kopf. Außerdem habe ich einen Plan für eine neue Themen-Foto-Serie, den ich demnächst umsetzen werde.

Die Bedienung des E-Book-Readers ähnelt der eines Tablet-Computers oder eines Smartphones. Mein Gerät kommt mit drei Tasten aus, von denen ich nur eine wirklich benötige: Die Taste zum Ein- und Ausschalten. Die Anzahl der Menüpunkte und der Funktionen ist überschaubar. Man kann die Größe und den Stil der Schrift regeln, das Leseformat (hochkant und „Breitwand“ – rechts und links) festlegen, Lesezeichen setzen, Notizen hinzufügen (wichtig für Wissenschaftler und Studierende), im Inhaltsverzeichnis blättern und es gibt eine Suchfunktion. Im Hauptmenü kann man WLAN aus- und einschalten, verschiedene Grundeinstellungen festlegen, seine Konten (z. B. DRM) verwalten, den WEB-Browser starten und Informationen zu Modell, Betriebssystem und Gerät, Akku-Ladestand und Speicherbelegung erlangen.

Das Informations-Menü

Das Informations-Menü

Das Haupt-Menü

Das Haupt-Menü

Mein Gerät hat eine Speicherkapazität von 2 GB und ist mit rund 150 Büchern zu etwa 25 % ausgelastet. Die Hintergrundbeleuchtung, deren Helligkeit einstellbar ist, wird durch eine der Tasten ein- und ausgeschaltet, durch Betätigen der dritten gelangt man immer wieder zur Bedieneroberfläche zurück. Ein Löchlein für den ultimativen Büroklammern-Restart gibt es auch. Zum Glück, denn leider war ich bereits mehrmals gezwungen, einen Restart auszuführen. Natürlich erinnert alles an einen Computer, was es wohl auch ist, aber eben ein ganz spezieller, für den einen Zweck – das Lesen von Büchern und Periodika – optimiert. Die Qualität bei der Darstellung von Grafik ist bescheiden. Das Gerät ist für meine Begriffe sehr langsam, und ich mußte mich erst an eine geruhsame und behäbige Art der Bedienung gewöhnen. Nach der Eingewöhnungsphase und der wiederholten Aktualisierung des Betriebssystems aber läuft es bis jetzt ohne abzustürzen. Die Lesbarkeit ist auch ohne Hintergrundbeleuchtung ganz ausgezeichnet.

Die eingebettete Software zur Verwaltung der Bücher läßt viel zu Wünschen übrig. Man kann den Buchbestand nach Titeln oder nach Autoren sortiert in Listen- oder Kachelansicht anzeigen lassen.

Ansicht des Bestandes nach Buchtiteln

Ansicht des Bestandes nach Buchtiteln

Ansicht des Bestandes nach Autoren

Ansicht des Bestandes nach Autoren

Man kann Bücher löschen und zu selbst organisierten Sammlungen hinzufügen und aus den Sammlungen entfernen. Das größte Fehlerpotential barg – bis jetzt – das Menü „Sammlungen“. Nachdem ich zwei Sammlungen – „Krimis“ und „Weltliteratur“ – angelegt hatte, überraschte mich das Gerät hin und wieder mit einer Vielzahl von selbst angelegten Sammlungen, die immer nur aus einem Buch eines Autors bestanden. Insgesamt, glaube ich, gibt es auf dem Softwaregebiet noch sehr viel zu tun. Die Frage ist, ob beim Hersteller der Wille dazu vorhanden ist.

Die Bedieneroberfläche

Die Bedieneroberfläche

Und ein weiteres Ärgernis: Nach dem Einschalten wird dem Nutzer ein zweigeteiltes Display als Bedieneroberfläche angeboten. Der obere Teil des Displays ist für die Bücher des Nutzers vorgesehen, und der untere Teil für irgendeinen großen Buchanbieter: Bücher.de, Thalia, Weltbild, Hugendubel und so weiter. In diesem Bereich des Displays kann man sich über WLAN und Internet bei seinem Anbieter einloggen und Bücher kaufen. Welcher Anbieter das ist, richtet sich danach, in welcher Buchhandlung das Gerät gekauft wurde, meins wurde bei Thalia gekauft. Man kann natürlich mit dem Gerät auch bei allen anderen Anbietern kaufen, aber die Software-Entwicklungs-Kapazität, die für diesen Unsinn verbraucht wurde, hätte man besser auf das Gesamtverhalten des Gerätes verwenden sollen. Langfristig muß die Hardware weiter verbessert werden, besonders die Operationsgeschwindigkeit sollte ein Fall für die Ingenieure der Hersteller sein.

dingsbums [Platzhalter für den Namen des Gerätes, d.V.] ist ein Markenname für E-Book-Reader …, die von den führenden Buchhändlern in Deutschland, Österreich und der Schweiz seit 2013 in Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom vermarktet werden.“ (Wikipedia)

Das bedeutet, daß die Finanzierung des Projektes im Wesentlichen Sache der „führenden Buchhändler“ war, deren Interesse sich auf den Verkauf von Büchern konzentriert. Der Verkauf funktioniert, alles andere – Handhabung, Geschwindigkeit – ist ihnen egal. Das gilt wohl auch für alle anderen Modelle.

Wie ich hörte, bezahlt man in den USA und Frankreich für ein E-Book nur die Hälfte eines analogen Buches. Das gefällt mir. Das deutsche Verlagswesen aber argumentiert, daß die Herstellung eines E-Book genauso viel kostet, wie die eines analogen Buches. Aber das stimmt nicht, sagt meine Tochter, und die muß es wissen, sie hat das Fach „Verlagsherstellung“ studiert. Vielleicht haben wir ja trotzdem in den deutschsprachigen Ländern irgendwann auch solche Verhältnisse.

Ach, und ehe ich’s vergesse: Dem Vernehmen nach soll in Zukunft die Mehrwertsteuer für E-Books statt 19 %, wie für beliebige andere Waren, nur noch 7 %, wie für analoge Bücher und Lebensmittel, erhoben werden. Na bitte! Geht doch.

© Bernd Mai, 05/2017, Leipzig und Löbejün

3 Responses to Revolution im Bücherregal

  1. Deine Tochter says:

    Ich würde nie meine Bücher weggeben. Aber ich lese viel und vieles zur Unterhaltung. Und diese Bücher lese ich oft nicht noch mal. Da wäre es Verschwendung an Papier und Platz im Regal sich diese Bücher gedruckt zu kaufen.
    Ich habe über die Onleihe der Bibliotheken schon oft Autoren gefunden, von denen ich mir dann gedruckte Bücher gekauft habe. Arno Geiger ist so ein Schriftsteller.
    Ich freu mich, dass das Gerät dich aus deinem Schreibtief geholt hat. 🙂

  2. Renate says:

    Auch wenn der Staat die Steuer für die E-Books reduziert, glaube ich nicht, dass die dann preiswerter werden.
    Du weißt, auch ich bin ein „Bücherfreak“ – und ich werde oft gefragt, warum ich mir nicht ein E-Book-Reader an- und die Bücher abschaffe – aber – ich find ein Buch einfach schöner und zur Not, kann man damit auch noch heizen 😉
    Ich wünsche Dir viel Freude beim Lesen.

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