Meine „Platte“ heißt Paunsdorf. Das eigentliche Paunsdorf liegt als Stadtteil von Leipzig eher weiter in Richtung Innenstadt. Der alte Dorfkern ist in Ansätzen noch zu erkennen. Die Kirche ist samt Pfarrhaus noch vorhanden, aber man muß viel Fantasie haben, um sich ein wohlhabendes Bauerndorf im Speckgürtel der Stadt mit Gutshaus, Häuslerkaten, Bauernhöfen, Kneipe und Kirche vorstellen zu können. Zumal in den dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts die Rüstungsindustrie Einzug hielt, um den Zweiten Weltkrieg vorbereiten zu helfen. Die Rüstungsbetriebe wurde gesprengt, nur die dazugehörigen Wohnsiedlungen sind noch da.
Und die Endstelle der Straßenbahn, der Straßenbahnhof Paunsdorf, der schon lange keine Endstelle mehr ist.
Als man in den achtziger Jahren beschloß, am Ostrand von Leipzig eine neue Trabantenstadt zu bauen, bekam sie ihren Namen vom Straßenbahnhof, obwohl sie näher am Stadtteil Heiterblick liegt als an Paunsdorf. Die Leute gewöhnten sich daran, und wenn man heute „Paunsdorf“ sagt, ist in der Regel die Plattenbausiedlung gemeint. Und weil wir alles gern in Kategorien stecken, sagt man manchmal auch „Alt-Paunsdorf“ und „Neu-Paunsdorf“.
Als ich 1989 in Neu-Paunsdorf, Platanenstraße, einzog, gab es weder Weg noch Steg. Außer ein paar Baustraßen aus Betonfertigteilen und einer Pendelstraßenbahn zwischen dem Straßenbahnhof und einer neuen Endstelle, die man „Paunsdorf Nord“ nannte. Das wichtigste Kleidungsstück in jener Zeit war der Gummistiefel.
Aber das alles ist Geschichte. Heute hat der Stadtteil, Alt- und Neu-P. zusammen, dem Vernehmen nach über 13.500 Einwohner. In meiner Straße wachsen tatsächlich Platanen, und sie haben inzwischen eine beachtliche Höhe erreicht. Überall gibt es gut ausgebaute Straßen und Wege, und ein dichtes Netz von Radwegen überzieht das Wohngebiet. Der Anschluß an die Bundesstraßen B6 und B87 sowie an die Autobahn A14 und die Existenz eines großen Einkaufszentrums, das mit der Straßenbahn und dem Bus erreichbar ist, gilt als Standortvorteil. Der sich östlich anschließende Industrie-Vorort Engelsdorf wurde mit all seinen Ortsteilen eingemeindet, und Paunsdorf bildet nicht mehr die östliche Grenze von Leipzig.
Das Fahrrad kaufte ich in der zweiten Hälfte der 80-er Jahre. Im Konsument-Warenhaus gab es gerade welche, und ich hatte just eben eine dicke Neuerervergütung kassiert. Aber die Geschichte könnt Ihr in meiner Story „Der Radfahrer“ nachlesen …
Ich unternehme diese Fahrt nicht des sportlichen Ehrgeizes wegen, sondern einzig, um die Fotogeschichte erzählen zu können. Also fahre ich langsam, ich habe die Kamera dabei, und manche Strecke fahre ich zwei Mal, um den günstigsten Kamerastandpunkt ermitteln zu können. Ich kann die Streckenführung und damit die Länge meiner Tour beliebig variieren, je nachdem, wie mir gerade zu Mute ist und wie das Wetter mitspielt. Heute habe ich die „Normaltour“ gewählt. Aber jetzt fahre ich los …
-jo, mir sein mitn Radl do….
Das ist ein lehrreiche Seite, gut gemacht! Ich fahre auch viel mit dem Rad und betrachte nebenbei die Natur. Du beschreibst noch schön wies war und wie es heute ist- mein Wissen wird bereichert-danke!
Nun lerne ich ein wenig mehr von Deiner Heimat kennen. Ist eigentlich mal eine Idee – vielleicht mach ich das auch mal. Mit dem Rad geht’s schneller als zu Fuß – obwohl – gesund ist beides.